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Tag 18-21 - Goodbye Deutschland

Abends um halb 8

rollen wir sehr erschöpft die Straße entlang

und finden den Garten,

in dem wir in dieser Nacht nächtigen dürfen.


Es gibt verschiedene Webseiten und Communities,

wo Menschen ihre Gärten oder manchmal auch Gästezimmer für Wanderer oder Radfahrer

zur Verfügung stellen -

gerade in Städten wie Freiburg ein Geschenk,

weil es nicht viele Campinglätze gibt

und die Hotels teuer (oder nicht hundefreundlich) sind.


Das Haus ist schrullig, aber liebenswert, der Garten wild.

Der Boden ist übersät mit den überreifen Früchten der vielen Obstbäume,

in einem alten Wohnwagen wohnt noch jemand,

überall stapelt Holz und Zeug.

Es ist jedes Mal ein Erlebnis,

in einem fremden Garten zu übernachten,

ich mag den Kontakt zu neuen Menschen,

die Unkompliziertheit und das Abenteuer -

aber als ich an diesem Abend

beim Aufbau des Zelts hinter mir

wieder ein hohes Piepen höre

und eine Ratte mich anglotzt,

läuft es mir kalt über den Rücken.


Ich schlafe wenig und ärgere mich

über meine Pingeligkeit,

aber hier kann ich nicht

noch eine Nacht bleiben.


Am nächsten Morgen packen wir also,

Ein grauer, grollender Himmel über uns

und bei einem Bagel zum Frühstück

schmieden wir im nächsten Café Pläne.


Ich kontaktiere andere Gastgeber

und frage nach einem Übernachtungsplatz,

denn eine spontane Hotelnacht

würde 200€ kosten.

Gerade bricht ein Schauer über uns herein,

da antwortet mir Joscha:

Klar könnt ihr bei uns schlafen,

das Gästezimmer ist frei. Juhu!


Der Regen spült uns noch etwas

durch die Straßen,

wir sind zu müde,

um uns irgendwas anzusehen

und Joscha hat uns gebeten,

vor 18 Uhr da zu sein.


Wir trödeln also noch etwas herum

und machen uns dann auf den Weg.

Mein Handy hat nur noch 4% Akku, Ich präge mir den Weg ein und bereue,

dass ich es nicht früher geladen habe.


Es beginnt wieder zu regnen

und die Strecke zieht sich.

Nicht bei jeder Straße

ist der Name ersichtlich,

das macht die Orientierung schwer

und wir sind spät.

Hier müsste es irgendwo sein,

sage ich, wir stoppen,

Wes‘ Handy ist schon leer und als ich den Weg noch einmal kontrollieren will,

geht auch mein Handy aus.


Da stehen wir im Regen,

Diego fiept, weil er keine Lust mehr hat und nass wird,

und es ist einer dieser Momente, in denen man sich fragt:

Warum bin nicht nicht gerade in Italien?

Oder auf einer spanischen Insel?


Aber es hilft nichts,

wir müssen irgendwie den Weg finden.

Für die nächste Stadt, in der wir Pause machen,

buchen wir ein Hotel vorab,

schwören wir uns.


Ich sehe, das ein Haus eine Außensteckdose hat,

ich schnappe mir also mein Ladekabel,

klingele an der Tür und als mir eine freundliche Dame öffnet, frage ich:

„Entschuldigen Sie diese komische Anfrage,

aber dürfte ich vielleicht mein Handy

kurz bei Ihnen laden?“ -

Sie sieht Wes und Diego im Hintergrund und antwortet verdutzt: „Ja natürlich,

aber wollt ihr nicht erstmal reinkommen?

Ihr seid doch sicher die zwei Radfahrer mit Hund, die heute bei uns schlafen.“


Bei strömendem Regen

schieben wir die Räder in den Schuppen,

bekommen Tee und ein Zimmer

und schlafen das erste Mal

seit 17 Nächten

wieder in einem Bett. Herrlich!


Am nächsten Morgen

frühstücken wir noch gemeinsam,

dann brechen wir auf Richtung Frankreich.

Der Tag wird besser,

als die Vorhersage es vermuten lies,

ich fühle mich nach einer trockenen Nacht

in einem Bett wie neu geboren

und freue mich auf Frankreich.


Wir fahren lange durch einen Wald

und über Felder,

vor dem letzten Schauer fliehen wir

in Neu-Brisach in ein Café,

ich schreibe die restlichen Postkarten,

die ich noch habe

und dann fahren wir über den Rhein

nach Frankreich.


Einfach so - ich weiß offene Grenzen

unendlich zu schätzen,

seit der Brexit Wes und mir

das Zusammenleben so schwer macht.


Ich habe Freude daran zu beobachten,

wie sich der Länderwechsel

in kleinen Dingen zeigt.


Die Straßenschilder sehen etwas anders aus

und die Häuser,

Walnuss-und Mirabellenbäume säumen unseren Weg

und ständig läuft jemand

mit einem Baguette durchs Bild,

das aus der Tasche ragt.


Campingplätze sind so viel günstiger,

fällt mir auf

und nach einer Nacht in Neuf-Brisach

frühstücken wir in einer Boulangerie

und folgen 70km lang

einem Kanal bis nach Straßburg.


Der Weg ist flach,

meistens asphaltiert oder aus Schotter,

aber er zieht sich

und wir stoppen oft

für Brombeeren und Mirabellen

und noch saure Pflaumen und Äpfel.


Diego fährt viel im Anhänger

und wir erreichen Straßburg

erst spät am Abend,

auf gut ausgebauten Radwegen fahren wir durch die Stadt

und checken zum ersten Mal seit dem Beginn

unserer Reise wirklich in einem Hotel ein.


Als ich am nächsten Morgen mit Diego

die erste Runde drehe,

scheint die Sonne,

Menschen sitzen bei einem Espresso

draußen in Strassencafés

und ich habe nur ein T-Shirt an.


Das letzte Regenfoto, das ich gemacht habe,

zeigt nasses Kopfsteinpflaster in Freiburg

und endlich habe ich das Gefühl:

Der Sommer ist da!



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