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Tag 22-25 - Es wird warm

Als ich diesen Blogeintrag beginne,

frage ich Wes: Was hat dir

in Straßburg gefallen?

Die Architektur, sagt er,

und das Essen! Tarte flambée

und verrückte asiatische Cocktails,

die wir probiert haben.

Nur dem armen Diego

schlägt die Stadt irgendwie auf den Magen,

wir müssen nachts mehrmals mit ihm raus,

aber so lerne ich

den freundlichen Nachtportier kennen

und sehe die Stadt ganz menschenleer.


Als es ihm besser geht,

setzen wir unsere Tour

Richtung Nancy fort,

nächstes Ziel: Saverne.

Schön ist, wieder die meiste Zeit

an einem Kanal entlang zu radeln,

flach, keine Autos, tolle Landschaft -

nicht so schön ist, dass der Kanalweg

mehrmals gesperrt ist,

die Umleitung ist nicht verständlich,

wir irren über viel befahrene Straßen

und durch französische Vororte.


Am Ende kommen wir natürlich an,

in Saverne, und werden mit einem

großartigen Campingplatz mit

Hängematten und Streichelzoo belohnt.


Der nächste Tag

ist der erste wirklich heiße Tag,

wir suchen verzweifelt ein Eis,

aber entlang der Kanäle

gibt es nur kleine Dörfer ohne Läden,

Mirabellenbäume

und schließlich wenigstens

eine Boulangerie,

die uns süße Törtchen verkauft.


Der Weg zu unserem nächsten Campingplatz, mitten im Nirgendwo,

ist von verwunschener Schönheit:

Wir folgen einem verlassenen Kanal,

der kein Wasser mehr führt,

dafür grün überwuchert ist

und dessen leere Häuser am Wegesrand

die Geschichte vergangener Tage erzählen.


Wir kampieren diese Nacht

an einem See,

Wes und Diego springen gleich hinein

und später steht ein weißer Vollmond

über unserem Zelt.


Am nächsten Morgen ist es so heiß,

dass wir Diego zum ersten Mal

seine Schuhe anziehen,

damit er sich seine Pfoten nicht

auf dem Asphalt verbrennt,

er ist nicht begeistert.


Wir wollen es heute bis Nancy schaffen,

ziehen Diego viel im Anhänger

und fahren endlose Schotterstraßen

bei sengender Hitze

zwischen Feldern entlang.


Als es Abend wird,

haben wir noch 20km vor uns,

wir stoppen in einem kleinen Ort

namens Dombasle-sur-Meurthe

und suchen nach einem Supermarkt

oder einem Restaurant,

Hauptsache Essen und Schatten und Pause.


Es ist immer noch so heiß,

dass wir nicht so recht wissen,

wohin mit uns,

und der Ort hat eine eigenartige,

trostlose Stimmung.


Leere Geschäfte, zerschlagene Fenster,

keine Bäume oder Kunst,

nur Asphalt und Autos,

verblasste Werbetafeln und staubige Luft.


Ich bestaune die Kirche,

man sieht sie schon von Weitem

und der engagierte Kirchenhüter

gibt mir eine komplette Tour

auf Französisch,

obwohl ich kein Wort verstehe.


Später finden wir eine Bar,

die einzige, die geöffnet ist,

Wes geht vor und fragt

mit seinen letzten drei Sätzen Schulfranzösisch,

ob Hunde erlaubt sind,

im Aussenbereich sitzen schon zwei.


Die Wirtin steckt den Kopf aus der Tür,

mustert Diego und schüttelt dann

energisch den Kopf.

Nein, dieser Hund nicht.


Wir fahren also weiter,

in den nächsten Ort,

und finden ein italienisches Restaurant.

Wieder fragt Wes, ob Hunde erlaubt sind,

zeigt auf Diego,

ich stehe mit ihm und den Fahrrädern

im Hintergrund.

Wieder steckt eine Kellnerin

den Kopf aus der Tür

und macht dann eine abwehrende Geste.

No, No.

Wes deutet auf die Terrasse,

vielleicht draußen?

Sie lehnt vehement ab,

zeigt auf den Parkplatz,

sagt viel auf Französisch,

ich verstehe es nicht,

Diego soll auf dem Parkplatz warten?

Dort können wir ihn nirgends anbinden, irgendwie klappt die Kommunikation nicht.

Das merkt die Kellnerin auch,

sie holt ihr Handy, tippt etwas in eine Übersetzungsapp und zeigt uns dann:

„Die Fahrräder könnt ihr auf dem Parkplatz parken, nicht im Restaurant.“

Wes gibt ein: „Und der Hund?“ und sie lacht,

„Pas de problème“, Hunde sind erlaubt.

Ich weiß nicht, wie viele Fahrradfahrer schon versucht haben,

ihre leichten, teuren Carbon Räder

mit ins Restaurant zu nehmen,

wir lassen unsere schwer bepackten Räder

gerne draußen stehen

und setzen uns mit Diego auf die Terrasse,

er schläft sofort ein.


Wir bestellen eine Pizza und Tiramisu

und ich bin mir sicher,

das ist die beste Pizza,

die ich je gegessen habe.

Wir beschließen,

heute nicht mehr weiter zu fahren.

Die Nacht verbringen wir also

auf einem Feld etwas außerhalb des Ortes,

sagt‘s nicht weiter.

Am nächsten Morgen

weckt uns die aufgehende Sonne,

wir packen zusammen,

holen uns ein Pain au Chocolat

und radeln die letzten 20km bis Nancy.



1 Kommentar


Christoph Lütgert
07. Sept.

Liebe Anna Böllert,

bisher habe ich auf Ihre Reiseberichte nie reagiert. Aber jetzt will ich Ihnen doch mal schreiben, wie gerne ich Ihre Texte lese. Ich freue mich nach jedem auf den nächsten.

Herzlichst

Christoph Lütgerz

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